Schwierigkeiten beim Umgang der gemeinsamen Kindern bei getrenntlebenden bzw. geschiedenen Eltern ist üblich. Allerdings besteht hierbei häufig das Problem, dass der Kindesvater Umgang wünscht und die Kinder aus unterschiedlichen Gründen von dem Vater fern bleiben.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte nun eine Entscheidung zum Umgangsrecht und deren Durchsetzung zu treffen.
Sachverhalt
Die Eltern der drei gemeinsamen Kinder lebten getrennt. Sie hatten gemeinsam das Sorgerecht. Nachdem der Kindesvater aus der gemeinsamen Wohnung auszog, fand der Umgang nicht mehr regelmäßig statt. Die Kinder vermissten ihren Vater sehr und wünschten sich mehr Umgang mit ihrem Vater. Daraufhin leitete die Kindesmutter ein Umgangsverfahren ein. Der Kindesvater teilte dem Gericht mit, dass für ihn kein Umgang möglich sei, da er wöchentlich bis zu 120 Stunden arbeite, ein neugeborenes Kind habe und lediglich 3-4 Stunden schlafe.
Das zuständige Amtsgericht beschloss zuvor, dass der Kindesvater die gemeinsamen Kinder an einem Sonntag im Monat tagsüber sowie in nähere bezeichneten Ferienzeiten zu sich nehmen müsse.
Der Kindesvater legte gegen den Beschluss des Amtsgerichts Beschwerde ein.
Entscheidung
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied, dass der Kindesvater gesetzlich zum Umgang verpflichtet sei. Die Eltern haben die Grundrechtskataloge zugewiesene Verantwortung für ihre Kinder und diese grundrechtliche Verankerung konkretisiere auch eine Umgangspflicht. Diese Pflicht aus dem Grundgesetz besteht nicht nur zwischen den Eltern und dem Staat, sondern auch gegenüber den Eltern zu ihren Kindern.
Das Kind benötige Schutz und Hilfe, um zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit heranzuwachsen. Damit dieses verwirklicht wird, sei eine solche Pflicht für die Eltern auch gerechtfertigt.
Das Oberlandesgericht betonte: „Das Kind ist nicht Gegenstand elterlicher Rechtsausübung, es ist Rechtssubjekt und Grundrechtsträger, dem die Eltern schulden, ihr Handeln an seinem Wohl auszurichten.“
Das grundgesetzlich geschützte Erziehungsrecht der Eltern sei dem Interesse und dem Wohl der Kinder auszurichten. Für das Wohl der Kinder sei es wichtig, dass sie ihre Eltern kennenlernen, mit ihnen vertraut werden und/oder eine persönliche Beziehung zu ihnen aufbauen. Der Umgang soll die persönliche Beziehung zwischen den Kindern undenkbar Eltern fördern.
Der Kindesvater entzieht sich seiner elterlichen Verantwortung, wenn er jeglichen Umgang verweigere und dadurch die persönliche Beziehung nicht aufbaut. Die Erziehungspflicht wird hierdurch vom Kindesvater vernachlässigt. Das Oberlandesgericht stellte ferner fest, dass es wissenschaftliche Erkenntnisse gebe, dass der Umgang für die kindliche Entwicklung von herausragender Bedeutung sei.
Das Oberlandesgericht entschied in diesem Fall, dass der Umgang durch eingeschränkte Umgangsverpflichtungen stattfindet. Das Gericht berücksichtigte die derzeitige Belastung des Kindesvaters. Ferner sei aber festzuhalten, dass „die vorgetragenen Belange des Kindesvaters ihn eher zu einer Umstrukturierung seiner Prioritäten veranlassen sollten, statt seiner verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Umgangspflicht mit seinen Kindern weiter nicht nachzukommen.“
Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 11.11.2020, Az.: 3 UF 156/20