Einspruch gegen Bußgeldbescheid immer prüfen

Einsprüche gegen Bußgeldbescheide wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen, insbesondere, wenn sie mit Fahrverboten verbunden sind, können durchaus erfolgreich sein. Auch wenn die formalen Anforderungen an ein Rechtsbeschwerdeverfahren in Bußgeldsachen sehr hoch sind, kann es zur Aufhebung des Fahrverbotes führen. Als Beispiel verweisen wir auf das von uns geführte Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem OLG Hamm. Den Beschluss vom 29.09.2020 haben wir diesem Text als Foto beigefügt. Das Fahrverbot wurde aufgehoben.

Zwischen der Anhörung im Bußgeldverfahren, über den Erlass des Bußgeldbescheides, das erstinstanzliche Urteil, bis zum Rechtsbeschwerdeverfahren ergeben sich zahlreiche juristische Ansatzpunkte für eine Anfechtung des Bußgeldbescheides. Die Beurteilung der Sachverhalte ist im Hinblick auf die Messverfahren, aber auch wegen der anzuwendenden Gesetze schwierig bis kompliziert. Zu Beginn des Verfahrens ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten sicher nicht möglich. Mindestvoraussetzung für eine Prognose ist die Akteneinsicht in die Bußgeldakte durch einen mit der Verteidigung in Bußgeldsachen vertrauten Rechtsanwalt. Wie unkalkulierbar die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels zu Beginn des Bußgeldverfahrens sind, erweisen die gescheiterten Reformbemühungen zur Verschärfung der Sanktionen im Bußgeldverfahren, aber auch die sich widersprechenden Entscheidungen zum Umfang des Akteneinsichtsrechts der Verteidigung. Bis heute stehen sich die Rechtsansichten einer erheblichen Anzahl von Oberlandesgerichten und die Urteile der Verfassungsgerichtshöfe Saarland und Rheinland-Pfalz gegenüber. Ob und wann insoweit eine Klärung durch den Bundesgerichtshof im Rahmen eines Vorlageverfahrens erfolgt, ist nicht absehbar.

Zusammenfassend kann man sagen, die pauschale Aussage, das Vorgehen gegen Bußgeldbescheide sei in der Regel nicht erfolgsversprechend, ist unzutreffend und entbehrt jeder Sachkenntnis. Wenn eine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist, ist es in jedem Fall angezeigt, gegen einen Bußgeldbescheid wegen erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung vorzugehen.